Die Leberbildgebung ist im klinischen Alltag häufig gleichbedeutend mit kontrastmittelverstärkter Bildgebung. Können sich eisenhaltige Kontrastmittel als Alternative zu gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln bei der Leber-MRT etablieren?
Abbildungen mit freundlicher Genehmigung von Privatdozent Dr. Tobias Jakobs, München
Viele Erkrankungen der Leber – Tumoren, Entzündungsprozesse – lassen sich bei einer MRT-Untersuchung nur durch den Einsatz von Kontrastmitteln mit ausreichender diagnostischer Sicherheit detektieren und einordnen. Die Verwendung von Kontrastmitteln bei der Leber-MRT erhöht sowohl die Sensitivität als auch die Spezifität; es können also sowohl kleine Veränderungen besser detektiert, als auch gutartige von bösartigen Veränderungen präziser unterschieden werden. „Die Leberbildgebung ist im klinischen Alltag meist gleichbedeutend mit kontrastmittelverstärkter Bildgebung“, unterstreicht Prof. Dr. Thomas Lauenstein, Chefarzt der Radiologischen Klinik am EVK Düsseldorf.
Die Leber ist aus pathophysiologischen Gründen jenes Organ, in dem sich sehr häufig Metastasen von bösartigen Tumoren des Bauchraumes absiedeln. Die Suche nach Metastasen in der Leber ist daher eine sehr oft auftretende klinische Fragestellung. Dazu kommen diverse Tumorformen, die primär von der Leber ausgehen: etwa das hepatozelluläre Karzinom (HCC), das von den Leberzellen selbst seinen Ausgang nimmt, oder das cholangiozelluläre Karzinom (CCC), das von den Gallenwegen ausgeht. Und schließlich gibt es noch die große Palette an akuten und chronischen entzündlichen Lebererkrankungen. Ein weites Feld also für die kontrastmittelverstärkte Bildgebung der Leber, bei der sich die Magnetresonanztomographie (MRT) als überlegen gegenüber anderen Verfahren erwiesen hat.
Die Kontrastmittel, die bei der MRT in den letzten 20 Jahren mit großem Abstand am häufigsten angewendet wurde, enthalten Gadolinium. Diese haben sich diagnostisch zwar sehr bewährt, ihr Image hat jedoch in letzter Zeit gelitten. Zum einen wurde ein Zusammenhang zwischen gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln und der nephrogenen systemischen Fibrose (NSF) hergestellt. Dies betraf allerdings insbesondere eine bestimmte Subgruppe dieser Kontrastmittel mit linearer Molekülstruktur. Solche Präparate werden heute nur noch als leberspezifische MRT-Kontrastmittel intravaskulär bzw. als Kontrastmittel für die Darstellung der Gelenke verwendet. Zum anderen lagert sich das Schwermetall Gadolinium in bestimmten Arealen des Gehirns ab. „Bislang konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Deposition von Gadolinium in zerebralen Strukturen einen Krankheitswert besitzt – aber bei den Patienten hat dies zu einer Verunsicherung geführt“, erklärt Lauenstein.
Bereits in den 1990er Jahren gab es MRT-Kontrastmittel, die auf Eisen basierten. Diese konnten sich jedoch nicht durchsetzen und wurden schließlich vom Markt genommen. Aufgrund der Skepsis gegenüber gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln bekommen die eisenhaltigen Kontrastmittel nun eine zweite Chance – u. a. in Gestalt von Ferumoxtran-10, das derzeit in einer Multicenter-Studie an mehreren Universitätskliniken in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz im Rahmen der onkologischen Lymphknoten-Diagnostik bei Prostatakarzinom-Patienten erprobt wird. Außerdem wurde vor kurzem ein eisenhaltiges MRT-Kontrastmittel mit dem Wirkstoff Ferucarbotran auf Basis superparamagnetischer Eisenoxid-Partikel (SPIO) für die Leberdiagnostik zugelassen.
Es gibt bislang keine belastbare Studie, in der gadoliniumhaltige und eisenhaltige Kontrastmittel direkt miteinander verglichen wurden. „Fallberichte aus jener Zeit, als eisenhaltige Kontrastmittel schon einmal am Markt waren, beschrieben beide Arten von Präparaten als in etwa gleich gut“, berichtet Lauenstein. Seither hat sich die MRT freilich technisch enorm weiterentwickelt. „Es wird sehr spannend, unter heutigen Bedingungen zu evaluieren, für welche Untersuchungen die unterschiedlichen Kontrastmittel jeweils besser oder weniger gut geeignet sind“, sagt der Düsseldorfer Radiologe.
Jedenfalls basieren die unterschiedlichen Kontrastmittel auf unterschiedlichen Mechanismen. Gadoliniumhaltige Kontrastmittel bilden die Durchblutung (Perfusion) eines Organs ab. Tumore sind oft anders durchblutet als gesundes Lebergewebe. Eine Subgruppe, die sogenannten leberspezifischen Gadolinium-Präparate, bieten einen zusätzlichen Mechanismus: Sie werden über einen Rezeptor, den es ausschließlich in Leberzellen gibt, in die Leberzellen aufgenommen. Auf diese Weise kann ein weiterer Kontrast hergestellt werden. Eisenhaltige Kontrastmittel hingegen beruhen auf einem anderen Mechanismus. Sie werden von den Kupffer-Sternzellen, speziellen Makrophagen in der Leber, aufgenommen. Das führt zu lokalen Feldinhomogenitäten.
Während gadoliniumhaltige Kontrastmittel auf T1-gewichteten Bildern sichtbar werden, bedürfen eisenhaltige Kontrastmittel primär einer T2-Wichtung. Auch das kann in Zukunft ein Kriterium für die Wahl eines bestimmten Kontrastmittels sein. Denn T1- und T2-Gewichtung haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. So kann zum Beispiel die T2-gewichtete Bildgebung robuster sein, was Bewegungsartefakte angeht. „Bei Patienten, die nicht stillliegen oder die Atmung nicht gut anhalten können, gelingen häufig T2-gewichtete Bilder besser als T1-gewichtete“, bekräftigt Lauenstein. Es könnte sogar möglich sein, bei einer Untersuchung beide Kontrastmittel simultan zu benutzen.
Ob sich eisenhaltige Kontrastmittel im zweiten Anlauf am Markt behaupten können, hängt Lauenstein zufolge von drei Faktoren ab: Erstens vom direkten Vergleich mit gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln; sollten mittel- bis langfristig eisenhaltige Kontrastmittel bei bestimmten Fragestellungen eine höhere Detektionsrate oder eine treffendere Charakterisierung von Tumoren erlauben, dann würden sie auch entsprechend eingesetzt. Zweitens komme es auf die weitere Entwicklung der Verunsicherung unter den Patienten in Bezug auf Gadolinium an; eisenhaltige Kontrastmittel könnten sich hierbei als Alternative für kritische Patienten etablieren. Und drittens komme es auf die Preisentwicklung an. Lauenstein: „Wir leben in einer ökonomisch getriebenen medizinischen Landschaft. Sollten eisenhaltige Kontrastmittel künftig günstiger als gadoliniumhaltige erhältlich sein, dann werden diese natürlich vermehrt zum Einsatz kommen.“
Prof. Dr. med. Thomas C. Lauenstein hat in Bonn und Valencia/Spanien Humanmedizin studiert. Von 1999 bis 2005 absolvierte er die Facharztausbildung, 2000 promovierte er. Der Radiologe habilitierte sich 2007 zum Thema „Morphologische und funktionelle MRT des Gastrointestinaltrakts“. Von 2006 bis 2008 war Lauenstein als Assistant Professor im Department of Radiology an der EMORY University in Atlanta/USA tätig. Von 2008 bis 2010 war er Oberarzt und von 2010 bis 2015 stellvertretender Direktor am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Universitätsklinik Essen. Seit November 2015 ist Lauenstein Chefarzt der Radiologischen Klinik am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf.